Zeitenwende auch im globalen Süden

Berlin direkt: Der Bundestagsabgeordnete Metin Hakverdi über die wichtige Zusammenarbeit zwischen Europa und Südamerika

Je länger der Krieg in der Ukraine andauert, desto mehr zeigt sich, wie fundamental Recht Olaf Scholz hatte, als er in seiner Rede im Bundestag den Begriff der Zeitenwende geprägt hat. Ihre Bedeutung zeigt sich auch in der globalen Dimension. So stellt sie unsere Beziehung zu jenen Entwicklungs- und Schwellenländern auf den Prüfstand, die heute unter dem Begriff „Globaler Süden“ verstanden werden.

Wenn wir die internationale regelbasierte Ordnung erhalten wollen, muss sie so gestaltet sein, dass auch Länder des Globalen Südens in Afrika, Lateinamerika und Asien davon profitieren. Jetzt ist eine gute Zeit, um diesen Ländern auf Augenhöhe zu begegnen.

Weil Brasilien zu den wichtigsten Ländern des Globalen Südens zählt, bin ich auf Einladung der Friedrich-Ebert-Stiftung Ende Juni dorthin gereist. Zur gleichen Zeit hat die SPD mit der brasilianischen Arbeiterpartei PT von Präsident Lula da Silva ein Partnerschaftsabkommen geschlossen. Am Tag seiner Veröffentlichung konnte ich mit der PT-Vorsitzenden Gleisi Hoffmann darüber sprechen, wie wir das Abkommen mit Leben füllen wollen.

Ein Ziel ist es, sich für die „Verteidigung demokratischer Werte, den Kampf gegen die extreme Rechte und ihre Methoden“ einzusetzen. Überdies geht es um die „Verteidigung einer multilateralen Weltordnung“, die Förderung von Frieden, Klimaschutz und eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung.

Ein enger Austausch mit Brasilien ist für uns in Europa, Deutschland und am Ende auch Hamburg wichtig. Ein Handelsabkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten (Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay, Venezuela) würde die größte Freihandelszone der Welt schaffen – und auf die veränderte geopolitische Weltlage einzahlen: Wo Russland als Energie- und Nahrungsmittellieferant ausfällt, könnte Südamerika einspringen.

Um ein solches Abkommen zu einem Erfolg zu machen, muss es jedoch nachhaltig sein. „Staaten wie China und Russland investieren seit Jahren in enge Beziehungen zu Brasilien“, sagte Lars Klingbeil vor Ort. Der intensive Dialog mit den Partnern lohne sich, „um gemeinsame Interessen in den Mittelpunkt zu rücken und auch bei schwierigen Themen für die eigene Perspektive zu werben, etwa bei der Verurteilung des russischen Angriffs auf die Ukraine“. Doch es geht um mehr als das, etwa den Einsatz für Demokratie, gegen Desinformation und wachsenden Rechtsextremismus, so Lars Klingbeil, der gemeinsam mit Gleisi Hoffmann den Vertrag unterzeichnete.

Bemerkenswert: Die Präambel des Abkommens erinnert daran, dass die SPD und Brasilien historisch eng verbunden sind. Im Jahr 1979 war es Helmut Schmidt, der als Kanzler in Brasilien den von der Militärdiktatur inhaftierten damaligen Gewerkschaftsführer Lula besuchte.

Der Autor

Metin Hakverdi ist seit 2013 Abgeordneter des Deutschen Bundestages und vertritt dort Wilhelmsburg, Bergedorf und Harburg.

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