Tagtäglich sehen wir sie im Fernsehen, hören im Radio von ihnen, sogar die Nachbarn reden über sie: die Flüchtlinge. Das Jahr 2015 hat gezeigt, dass wir vor einer schwierigen Aufgabe gestanden und diese doch relativ gut überwunden haben. Wir haben Menschen, die bei uns Sicherheit und Schutz gesucht haben, einen Dach über dem Kopf und warme Mahlzeiten zur Verfügung gestellt. Dank der Unterstützung vieler engagieren Bürgerinnen und Bürger konnten die ankommenden Schutzbedürftige gut aufgenommen werden. Aber nicht nur das, denn da war weitaus mehr.
Es geht voran
Wir haben dafür gesorgt, dass etliche Sozialarbeiter und ehrenamtliche Helfer in den zentralen Erstaufnahmen jeden Tag aufs Neue ihr Bestes gegeben haben, um den Neuankömmlingen das Leben in unserem Land so erträglich wie möglich zu machen. Von Deutschkursen für Erwachsene bis hin zu Sport-und Freizeitangeboten für Kinder wurde ein großer Beitrag dafür geleistet, um den vor Angst geflüchteten Menschen eine erfolgreiche Integration in die deutsche Gesellschaft zu ermöglichen. Ein Jahr später sieht es schon ganz anders aus. Wir machen unsere Aufgabe, den Flüchtlingen zu helfen, viel besser als vorher. Die Flüchtlinge haben teilweise ihre Anerkennung erhalten, manche wurden aber auch zurück in ihre Heimat geschickt. Viele anerkannte und fleißige Flüchtlinge haben sogar eine Wohnung für sich und ihre Familie gefunden, einige wenige von ihnen bereits Aussichten auf eine feste Arbeit. Mit andern Worten: es geht voran.
Die Kehrseite
Bei so vielen positiven Ereignissen gibt es aber leider auch die Kehrseite, die all dies ins Schwarze Licht drückt. Nach wie vor haben Geflüchtete und Asylbewerber mit Vorurteilen zu kämpfen. Ihnen wird unterstellt, sie seien kriminell, gewalttätig und würden dem deutschen Staat das Geld aus der Tasche ziehen.
Wir gehen am Hamburger Steindamm arabisch, afghanisch oder iranisch essen und regen uns gleichzeitig darüber auf, dass so viele Menschen aus diesen besagten Ländern zu uns kommen. Wie paradox ist das denn eigentlich? Schon einmal darüber nachgedacht, dass die Flüchtlinge auch Menschen sind genau wie wir? Es gibt Menschenrechte. Was heißt das in Bezug auf die Flüchtlingssituation? Das bedeutet, dass jeder Mensch (!) das Recht auf Leben hat. Deshalb hat jeder Mensch, der vor Krieg oder aus anderen Gründen der humanitären Katastrophe um sein Leben flieht, ausnahmslos das Recht, zu überleben und in Würde zu leben. Wenn wir das genauer betrachten, sind wir sogar dazu verpflichtet, diese Menschen vor Angst und Krieg zu retten und ihnen dabei zu helfen, ein menschenwürdiges Leben in Sicherheit zu führen. Auch, wenn wir dabei einen Platz für sie in unserem Land opfern müssen – es ist unsere Pflicht. Schließlich sind sie traumatisiert und hilflos. Es gibt mit Sicherheit jede Menge Menschen in unserem Land, die das anders sehen und nicht nur negativ über das Flüchtlingsproblem denken oder sagen, sondern mit ihrem unwürdigen Verhalten und Handeln geflüchteten Menschen Angst einjagen und sie in Gefahr bringen. Zu recht? Ganz klares Nein! Denn stellen wir uns doch einmal vor, wir wären in der unglücklichen Situation, unsere eigene Heimat verlassen zu müssen. Wir würden genauso wie die Flüchtlinge in einem anderen Land ganz weit weg Schutz und Sicherheit suchen wollen und wären auf die Hilfe der Menschen dort angewiesen. Würden wir dann nicht auch davon sprechen, dass wir von unserem Menschenrecht auf Leben Gebrauch machen wollen und den Menschen um Unterstützung bitten? Aber selbstverständlich würden wir genau das tun, was die Flüchtlinge hierzulande auch tun.
Warum die Angst?
Wir haben gar keinen Grund, Asylbewerber und Flüchtlinge anders oder schlechter zu behandeln als unsere Freunde oder Nachbarn. Sie sind auch Menschen. Wir sollten die gesamte Situation einfach mal positiver sehen. Die Flüchtlinge sind eine große Chance, die wir ergreifen sollten. Durch sie lernen wir den Charme anderer Kulturen kennen, wir könnten unsere Sprachfähigkeiten mit ihrer Hilfe ausbessern und erweitern. Dank ihnen würden wir mehr Unterstützung in der Arbeitswelt haben und unser Sozialsystem weiter aufrecht erhalten. Insbesondere von den jungen Geflüchteten kann Deutschland profitieren, denn diese können eine gute Bildung genießen und gute Arbeitskräfte werden. Und vor allem: wir hätten die Chance etwas Gutes zu tun, in dem wir mindestens einen dieser vielen Menschen dabei helfen würden, sich in unsere Gesellschaft zu integrieren und somit ein Teil von uns zu werden. Also, warum dann noch die Angst? Wir sollten anfangen, Vertrauen aufzubauen und Hoffnung auf eine gute Zukunft haben. Nur so können wir gemeinsam alles schaffen. Ganz sicher.
Die Autorin
Bilata Suleiman ist stellvertretende Landesvorsitzende der AsF Hamburg, Mitglied des SPD Kreisvorstandes Harburg und des Distriktvorstandes Harburg-Mitte. Zudem ist sie zubenannte Bürgerin der SPD Fraktion in der Bezirksversammlung Harburg und im Ausschuss für Inneres, Bürgerservice, Verkehr aktiv. Sie hat an der Universität Hamburg ihr Germanistik- und Philosophiestudium erfolgreich mit dem Master abgeschlossen und arbeitet derzeit als Sozialarbeiterin in einer Einrichtung für Asylsuchende.