Mauerfall vor 35 Jahren: Freude und Hoffnungen waren riesengroß

Die ehemalige SPD-Europaabgeordnete Christa Randzio-Plath erinnert sich an den Mauerfall im November 1989 und wie er in Hamburg wahrgenommen wurde.

Als vor 35 Jahren die Mauer fiel, gingen die Bilder von jubelnden Menschen um die Welt. Doch nicht nur auf dem Gebiet der DDR, auch bei der SPD Hamburg begannen damals bewegte Tage. In den Wochen nach dem Mauerfall kamen tausende Gäste aus der DDR ins Kurt-Schumacher-Haus. Rund um die SPD-Zentrale wurde diskutiert, gearbeitet, gelacht. „Ein Volk mischt sich ein“ titelte der Hamburger Kurs im Dezember 1989. Wie spiegelten sich Wende und der Weg zur Einheit in Hamburg wider? Die ehemalige SPD-Europaabgeordnete Christa Randzio-Plath erinnert sich:

Freude, Ungläubigkeit, Dankbarkeit, Begeisterung, aber auch Ängste – all diese Emotionen beherrschten im November 1989 die Stimmung im europäischen Brüssel, wo ich als gerade frisch gewählte Abgeordnete arbeitete. Auch ich war tiefbewegt. In Brüssel und in Hamburg versuchte ich, dabei zu sein und meinen Beitrag in dieser Zeit des Umbruchs zu leisten.

Viele Gäste aus der DDR kamen in diesen Tagen in das Kurt-Schumacher-Haus, das günstig nahe dem Hauptbahnhof gelegen war. Es gab Suppe. Auf einem Schwarz-Weiß-Foto aus dieser Zeit ist eine Gruppe, darunter Familien mit Kindern, im Foyer des KuSchu zu sehen, die Überschrift: „Über 3.000 DDR-Besucher kamen in das Kurt-Schumacher-Haus“

Als ASF Hamburg, deren Vorsitzende ich damals war, kam uns die Idee, aus allen Großstädten der damaligen DDR Frauen, die der Sozialdemokratie nahestanden, zu uns nach Hamburg einzuladen. Wir brachten diese Frauen privat bei uns unter und diskutierten mit ihnen in unseren Hamburger Wohnungen, aber auch im Rathaus und in Frauenprojekten über ihre neue Zukunft. Die Freude und die Hoffnungen der Frauen waren damals riesengroß. Mehr Frieden, mehr Freiheit und mehr Demokratie schienen möglich.

Es war ein straffes Programm. Überall in Hamburg standen uns die Türen offen. Bei Senatorinnen und Senatoren genau wie in Bezirken. Ich erinnere mich, dass unsere Gäste alles aufgesogen haben wie ein Schwamm und heute kann ich sagen, dass der Einsatz im Herbst 1989 auch etwas gebracht hat. Nahezu alle diese Frauen wurden später Abgeordnete in Landtagen, dem Bundestag oder Kommunalparlamenten. Zwei von ihnen traf ich viele Jahre später auf internationalen Konferenzen wieder. Auch 35 Jahre später erinnere ich mich gerne an diese Zeit zurück.

Die Autorin

Prof. Dr. Christa Randzio-Plath gründete 1984 in Erinnerung an die frühere Entwicklungshilfeministerin Marie Schlei den gleichnamigen Verein, der seitdem rund 550 Projekte in Asien, Afrika und Lateinamerika gefördert hat. Die Rechtsanwältin war von 1989 bis 2004 Mitglied des Europäischen Parlaments und engagiert sich ehrenamtlich in zahlreichen Organisationen.

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