Hamburg steht auf

Interview mit dem Bürgerschaftsabgeordneten Kazim Abaci, einer der Initiatoren der Großkundgebung gegen Rechtsextremismus am 19. Januar auf dem Jungfernstieg

Es ist ein unmissverständliches Zeichen gegen Hass und rechte Ideologien: Überall in Deutschland gehen Menschen auf die Straßen. Auch in Hamburg waren Zehntausende für eine weltoffene und demokratische Gesellschaft unterwegs. Einer der Initiatoren der Großkundgebung am Jungfernstieg: Der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Kazim Abaci. Wir haben mit ihm gesprochen.

Lieber Kazim, die Bilder vom Jungfernstieg am 19. Januar sind beeindruckend. Wie hast Du die Kundgebung erlebt? Hast Du mit einer so großen Beteiligung gerechnet?

Von der Bühne aus war der Blick überwältigend, mit zehntausenden Hamburgerinnen und Hamburgern hätte ich nicht gerechnet. Die Teilnehmenden waren bunt gemischt, was mich sehr berührt hat. Darunter waren auch viele ältere Menschen und Familien mit kleinen Kindern. Mich hat beeindruckt, wie rücksichtsvoll die Menschen trotz der Enge und kalten Temperaturen miteinander umgegangen sind.

Auffällig war, dass ein sehr breites Bündnis von Unternehmern, Gewerkschaften, Kirchen und Vereinen mobilisiert hat. Wie ist das zustande gekommen und was hat den Protest in Hamburg ausgemacht?

Es war uns wichtig, eine Kundgebung aus der Mitte der Gesellschaft heraus auf die Beine zu stellen. Wir haben Wirtschaftsverbände, Kulturschaffende, Sportvereine, Religionsgemeinschaften, Umwelt- und Sozialverbände, Gewerkschaften und die Wissenschaft angesprochen, die alle keinen Moment gezögert haben, mitzumachen. Es war aber auch so, dass Verbände, aber auch bekannte Persönlichkeiten von sich aus auf uns zukamen und sich einbringen wollten. Ein derart breites Bündnis haben wir noch nie auf der Straße gesehen.

Welches Signal geht Deiner Meinung nach von der Kundgebung bzw. den Protesten im ganzen Land gegen rechts aus?

Hamburg ist als diverse Stadtgesellschaft wortwörtlich aufgestanden und hat ein starkes Zeichen für unsere Demokratie, unsere Freiheit, unsere Toleranz und Vielfalt ins ganze Land gesendet. Wir haben gezeigt: Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und Menschenfeindlichkeit haben bei uns keinen Platz.

Traurigerweise gab es auch Hass und Einschüchterungsversuche gegen Dich. Wie hast Du die Reaktionen erlebt?

Es hat mich nicht ganz überrascht, weil ich so etwas nicht zum ersten Mal erlebt habe. Während des letzten Wahlkampfes der Bürgerschaftswahl 2020 wurde ich schon einmal zur Zielscheibe der AfD und anderer rechtsextremistischer Kräfte. Ich lasse mich nicht einschüchtern, im Gegenteil, es spornt mich an. Ich werde mich weiterhin gemeinsam mit vielen tausend Menschen in Hamburg für unsere Demokratie einsetzen! Weit überwiegend waren die Reaktionen aber positiv: Mich hat sehr berührt, dass viele sich bei mir bedankt haben und schon nach der nächsten Aktion gefragt haben.

Es gibt die Befürchtung, dass die Proteste schnell abflachen. Was kommt nach den Demos? Wie lässt sich das Signal der Einigkeit weitertragen?

Wir wollen das Momentum hochhalten. Gemeinsam mit den Mitorganisatoren planen wir im Laufe dieses Jahres kreative und neue Aktivitäten. Es wird weiter auch Kundgebungen und Demonstrationen geben. Wichtig ist: Die Bereitschaft der Menschen in Hamburg, sich einzubringen, ist weiterhin groß.

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