Berlin direkt – und trotzdem liegen zwischen dem Moment, in denen ich diese Zeilen schreibe und dem Moment, in dem ihr sie lest, tage- und nächtelange Diskussionen und schwierige Entscheidungen. Der Grund liegt in den Haushaltsberatungen, die in diesen Tagen starten. Die Bundesregierung hat dem Parlament einen Entwurf vorgelegt, der Ausgaben in Höhe von 445,7 Milliarden Euro vorsieht. Das sind 6,4 % beziehungsweise rund 30 Milliarden Euro weniger als im Jahr zuvor.
Schon jetzt ist die Kritik enorm. Nachvollziehbar, denn kein Ressort und kein Bundesland ist begeistert, wenn Projekte eingespart werden oder sich innerhalb der eigenen (Landes-)Politik manche Schwerpunkte ändern müssen.
Herausfordernde Haushaltsberatungen
Wir als Abgeordnete werden uns den Entwurf der Regierung genau anschauen und gerade als Sozialdemokrat*innen werden wir darauf achten, dass der Entwurf sozial ausgewogen bleibt.
Ein Bereich ist aber von den Einsparungen ausgenommen: der Verteidigungshaushalt. Mit Ausgaben allein im Einzelplan 14 von 51,8 Milliarden Euro steigen die Ausgaben für Verteidigung sogar um 1,7 Milliarden Euro gegenüber 2023 an – zusätzlich zum Sondervermögen von 100 Milliarden Euro.
Die Gründe sind seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine offensichtlich. Wir alle sind uns der Notwendigkeit bewusst, unsere Verteidigungsfähigkeit wieder erhöhen zu müssen. Was aber wird mit dem Geld aus dem Sondervermögen gekauft? Welche Fähigkeiten braucht unsere Bundeswehr, welche unsere NATO? Und: Reicht es eigentlich aus, neue Waffen zu kaufen, wenn auf der zivilen Seite gekappte Kabel genügen, um den Bahnverkehr in Deutschland lahm zu legen – wie vor wenigen Monaten geschehen?
Einladung zum “AK Zeitenwende”
Gerne möchten wir mit Euch gemeinsam in einem neuen „AK Zeitenwende“ einen Blick auf unsere Streitkräfte, unsere gesamtgesellschaftliche Widerstandsfähigkeit, unsere Bündnisfähigkeit und die sicherheitspolitischen Herausforderungen der Zukunft werfen. Wir werden über Chinook-Hubschrauber, Puma-Schützenpanzer, F35-Kampfflugzeuge, Arrow 3-Raketenabwehr, Deutschlands vermeintliche Führungsrolle und neue sicherheitspolitische Ansätze wie den Triple Nexus sprechen. Wir werden uns aber auch mit Deutschlands Rüstungsindustrie befassen und aktiv an der Debatte zu einem Rüstungsexportkontrollgesetz beteiligen. Demnächst erhaltet Ihr eine Einladung zu einer mehrteiligen Veranstaltungsreihe, die sich genau mit diesen Fragen beschäftigen wird. Ich hoffe, ihr nehmt zahlreich daran teil. Denn auch das ist ein Teil der Zeitenwende: sich wieder für unsere Sicherheit zu interessieren.
Im Zuge der Beratungen zum Bundeshaushalt 2024 wird es, das ist schon jetzt klar, in manchen Bereichen zu deutlichen Kürzungen kommen. Aber trotzdem werden wir darauf achten, dass gerade die ärmeren Länder und Kommunen z.B. bei der Integrationsarbeit nicht allein gelassen werden.
Wir als Sozialdemokrat*innen müssen aber auch in der Lage sein, zu begründen, warum die Verteidigungsausgaben steigen, während in anderen Bereichen Einsparungen notwendig sind. Das erwarten die Menschen zurecht von uns.
Der Autor
Falko Droßmann war von 2016 bis 2021 Bezirksamtsleiter in Hamburg-Mitte. Seit 2021 vertritt er den Wahlkreis Hamburg-Mitte im Deutschen Bundestag.