Unsere Weltordnung ist in Bewegung – und damit auch die Handelspolitik. Die Europäische Union steht unter zunehmendem Druck sowohl von den USA als auch von China. Während die USA Handelspolitik zunehmend als geopolitisches Instrument einsetzen und Europa in ihre strategische Linie drängen, verfolgt China eine industriepolitische Agenda, die durch Subventionen und Überkapazitäten den Wettbewerb verzerrt. Beides führt dazu, dass unsere Unternehmen, unsere Häfen und unsere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unter Druck geraten.
Gerade für eine Handelsnation wie Deutschland und für einen internationalen Logistikstandort wie den Hamburger Hafen bedeutet das: Wir müssen unseren Kurs selbst bestimmen. Europa darf sich nicht zwischen Washington und Peking treiben lassen – wir müssen eigene Stärke entwickeln, unseren Kurs festlegen und auf fairen Handel setzen. Die EU muss deshalb ihre strategische Autonomie stärken und eigene Antworten entwickeln.
Volle Kraft für fairen Handel
Fairer Handel bedeutet, dass Wettbewerb nach klaren Regeln stattfindet. Wir brauchen und nutzen unsere defensiven Handelsinstrumente – etwa Anti-Subventions- und Anti-Dumping-Verfahren oder den neuen Mechanismus gegen wirtschaftlichen Zwang. Diese Instrumente sind kein Ausdruck von Protektionismus, sondern notwendiger Selbstschutz, um gleiche Wettbewerbsbedingungen herzustellen. Zudem werden wir weiter die globale Handelsordnung (WTO) stabilisieren und modernisieren.
Wir brauchen sichere Partnerschaften auf Augenhöhe, ein großes Netz an fairen Handelsabkommen mit verlässlichen Partnern. Das neue Abkommen mit Chile ist ein gutes Beispiel: Es öffnet Wege für nachhaltige Rohstoffe wie Lithium, das wir für Batterien und Elektromobilität brauchen und schafft Kooperationen im Bereich grüner Wasserstoff, die für unsere Energiewende zentral sind. Zugleich wird die Wertschöpfung und damit Beschäftigung in Chile unter gesicherten Arbeitnehmerrechten und Umweltstandards gefördert. Solche Partnerschaften sichern Zukunftsindustrien in Europa und stärken die Zusammenarbeit mit verlässlichen Partnern.
Den Maschinenraum fit machen
Damit wir diesen Kurs halten können, müssen wir unseren europäischen Maschinenraum stärken: eine starke, nachhaltige und innovationsorientierte Industriepolitik. Wir brauchen Leitmärkte, die Zukunftstechnologien fördern – etwa beim grünen Stahl oder emissionsreduzierten Stahl. Das stärkt nicht nur unsere industrielle Basis, sondern hilft konkret vor Ort – zum Beispiel bei der U5 in Hamburg, die klimaneutral gebaut und betrieben werden soll. Nur wenn wir Handels-, Industrie- und Klimapolitik zusammendenken, bleibt Europa auf Kurs – souverän, nachhaltig und sozial gerecht.
Der Autor
Bernd Lange aus Hannover sitzt mit Unterbrechung seit 1994 für die SPD als Abgeordneter im Europäischen Parlament. Seit 2014 ist er dort Vorsitzender des Ausschusses für Internationalen Handel. Seit 2019 vertritt er auch die Interessen der Freien und Hansestadt Hamburg im Europaparlament.
